Nach vier Stunden Fahrt über holprige Pisten und ständigem Ausweichen von bedenklich tiefen Schlaglöchern erreichen wir das kleine Dorf Taklahan. Ich freue mich. Denn insgeheim – vor meiner Reisegruppe darf ich das ja nicht laut sagen – erhoffe ich mir in den nächsten Tagen meine persönlichen Highlights der Reise. Im Regenwald fühle ich mich immer wohl. Da sind wir nun also. Am Rande des Gunung Leuser Nationalparks, einem der größten Naturreservate Indonesiens. Es ist wunderbar grün. Endlich. Ein völliger Kontrast zur deprimierenden Fahrt durch kilometerlange Ölpalmplantagen (siehe meinen Blog „Palmölplantagen: Die grünen Wüsten Sumatras“).
Unsere Lodge, das Mega Inn, liegt jenseits des Flusses Sungai Buluh und ist nur über eine wackelige Hängebrücke erreichbar. Das ist schon mal vielversprechend, finde ich. So stelle ich mir ein Dschungelquartier vor. Ohne Parkplatz vor der Haustüre. In Etappen balancieren wir samt unserem Gepäck über die Brücke, auf der sich nur 6 Orang, also 6 Menschen, zeitgleich aufhalten sollten, wenn sie keinen Wert auf einen ungesicherten Bungeejump legen.
Unser Paradies (mit kleinen Abstrichen)
Auf der gegenüberliegenden Seite erwarten uns ein paar Langschwanzmakaken und das Paradies. Noch ein paar Minuten Fußmarsch durch die Dorfplantagen: Mais, Auberginen, Kürbis, Chili, Maniok, Ananas, Kakao – da erblasst jeder österreichische Hobbygärtner vor Neid. Dann unsere Lodge. Einfache Hütten in einem tropischen Prachtgarten. Nur Kaltwasser aus dem Gartenschlauch, den sie hier Dusche nennen. Wobei: Es ist hier dermaßen schwül, dass mir eine freiwillige Nutzung von Warmwasser ohnehin nicht in den Sinn käme.
Wir haben in den nächsten Tagen einiges vor. Doch zunächst müssen wir uns an die unglaubliche Luftfeuchtigkeit gewöhnen. Auch nachts. In einem Zimmer ohne Ventilation. Tür auf und Moskitoeinlass oder Tür zu und Luftnot? Die Moskitos gewinnen.
Tubing
Was bitte schön ist Tubing? Auf riesigen, aufgepumpten Schläuchen von LKW-Reifen lässt man sich den Fluss hinunter treiben. Zunächst finde ich enttäuschend, dass die Reifen aneinander gebunden werden – mit einem Steuermann im ersten und einem im letzten Reifen. Dazwischen meine Reisegruppe und ich. Viel lieber würde ich meine Fahrt selbst in die Hand nehmen und mit meinem Reifen ins Abenteuer reiten.
Wie erwartet geht es recht gemächlich dahin. Nur hin und wieder jagt unsere schwimmende Plattform über Stromschnellen und unser Puls nach oben. Ein paar Tage später werde ich übrigens zu einer weiteren Tubing-Fahrt in Bukit Lawang antreten – dort ist die Fahrt ein wenig abenteuerlicher.
Das wirklich Schöne an diesem Ausflug ist aber die Landschaftskulisse, an der wir vorbeitreiben. Einmal halten wir am Flussrand an und waten im kniehohen Nebenfluss stromaufwärts bis zu einem Wasserfall. Dieser ist überraschend imposant und kommt unerwartet. Hier können wir herrlich schwimmen, uns gegen den Wasserfall stemmen und die Kühle nach unserem Sonnenritt auf Gummi genießen.
Am Ende unserer Tubing-Reise werden die Reifen verschnürt und noch ein Stückchen mitgenommen, abgelegt und später abgeholt. Wir queren das Flussbett und erreichen den schattenspendenden Ölpalmenhain, dem auch hier – trotz unmittelbarer Nähe zum Naturreservat – der Primärregenwald zum Opfer gefallen ist.
Den Ölpalmen folgen Kakaobäume, Zitronengras, Ingwer, Rambutan, Kürbispflanzen, Mais, Ananas und Kokospalmen. Wir nähern uns ganz klar der Besiedlung von Taklahan.
Abenteuer Flusswanderung
Uns steht der Sinn nach mehr. Mehr Regenwald-Feeling, mehr Eindrücken, mehr Abenteuer. Zu Fuß durch den Regenwald. Das Biologenherz lacht.
Zunächst geht es noch durch Plantagengebiet. Kautschuk. Der zähe Saft des Baumes wird durch den exakt angebrachten Rindenschnitt in kleine, am Boden stehende Schalen geführt. In größeren, rechteckig ausgehobenen Erdlöchern wird der Kautschuk dann gesammelt, bis genügend zum Verkauf bereit steht. Für ein Kilo bekommen die Dorfbewohner heiße 11.000 indonesische Rupien. Zirka 60 Cent.
Bergauf, bergab, durch unwegsames Gelände. Hinunter zum Fluss. Dort über Stock und Stein, teils am Fluss entlang, teils durch den Fluss watend. Das Queren des Flusses ist gar nicht so einfach – die Strömung ist heftig.
Die putzigen Langschwanzmakaken turnen währenddessen leichtfüßig am Ufer herum. Von uns nehmen sie kaum Notiz.
Unser lokaler Guide Ishan erwähnt, dass es an der gegenüberliegenden Flussseite Warmwasserquellen gibt. Der Haken an der Geschichte: Diese befinden sich direkt hinter Stromschnellen und das Wasser ist hier tief. Richtig tief. Somit müssen wir schwimmend gegen die Strömung ankämpfen. Zu viert und mit vereinten Kräften wagen wir das Abenteuer – es lohnt sich!